In Wien gibt es einen Hasen, den sich nicht einmal der reichste Mensch der Welt kaufen kann. Es ist der Feldhase von Albrecht Dürer aus dem Jahr 1502. Der Wert des Bildes kann von Experten nicht einmal mehr geschätzt werden. So berühmt und wertvoll ist dieses einmalige Kunstwerk.
DIE ALBERTINA WIEN HAT 365 TAGE IM JAHR GEÖFFNET
Die Albertina Wien, die sich gleich hinter der Staatsoper und dem bekannten Hotel Sacher auf dem Albertinaplatz 1 befindet, zählt zu den führenden Kunstmuseen Österreichs, das 365 Tage im Jahr geöffnet ist. Von der Besucherzahl wird das Museum, das unter anderem einer der bedeutendsten grafischen Sammlungen der Welt beherbergt, möglicherweise vom Belvedere Museum Wien, das sich in einem Schloß befindet, überboten. Doch die Kunstwerke, die sich in der Albertina befinden, sind Millionen, wenn nicht Milliarden wert.
Der Bestand umfasst etwa 900.000 druckgrafische Arbeiten von der Spätgotik bis zur Gegenwart und zirka 50.000 Zeichnungen und Aquarelle, darunter Ikonen wie den Feldhasen von Albrecht Dürer, wunderbare und herausragende Zeichnungen von Raffael, Michelangelo, Rubens, Rembrandt, Cezanne, Picasso, Schiele und mehr.
HÖHEPUNKT DER NATURBEOBACHTUNG IN DER ABENDLÄNDISCHEN KUNST
Dürers Feldhase ist nicht nur seine berühmteste Naturstudie und ein erster Höhepunkt der Naturbeobachtung in der abendländischen Kunst, sondern auch das Herzstück der Albertina. Unter all seinen Zeichnungen sollte das „Häslein“ die glanzvollste Karriere machen.
Mit differenzierter Pinselführung hat Dürer in Aquarell- und Deckfarben das weiche, längere Haarkleid an Bauch und Schenkeln sowie das Kurzhaar am Rücken des etwa zweijährigen Tieres festgehalten und mit Deckweiß einzelne Haare, ja selbst die Tasthaare an der Schnauze, die Vibrissen, und das farblich ausgeprägte Fell mit dem schwarzen Pinsel herausgearbeitet.
Das Tier wurde von vorn und in leichter Aufsicht gemalt; die wachsamen Augen und die hoch aufgerichteten Ohren des Hasen machen den Eindruck, als würde er aus dem ruhigen Verharren aufspringen und flüchten wollen. Das sich im rechten Auge des Hasen spiegelnde Fensterkreuz ist ein weiterer Realitätsbezug dieser Tierstudie - und vielleicht ein Hinweis auf eine Ausführung im Atelier des Künstlers; gleichzeitig könnte es aber auch auf eine christliche Symbolik anspielen und die Naturstudie mit einer religiösen Bedeutung versehen.
SEHNEN, ADERN UND FALTEN DER HAUT WIRKLICHKEITSNAH HERAUS MODELLIERT
Albrecht Dürer ist der unumstrittene Star der Albertina, wo auch seine betenden Hände, ein Werk aus dem Jahr 1508, zu sehen sind. Mit feinem Pinsel, gewässerter Tusche und Deckweiß hat Dürer die Hände auf ein grundiertes und blau gefärbtes Papier gezeichnet, durch den differenzierten Einsatz des weißen und grauen Pinsels und ein abwechselnd dicht und locker gezeichnetes Netz von Parallel- und Kreuzschraffuren sind die Helldunkelverhältnisse festgelegt, die Lichtführung bestimmt und die feinen Sehnen und Adern sowie die kleinen Falten der Haut wirklichkeitsnah heraus modelliert.
TEICHE UND SEEROSEN IM MITTELPUNKT DES SCHAFFENS VON CLAUDE MONET
Zu sehen ist aber auch ein großartiges Spätwerk von Claude Monet. Zwischen 1917 und 1919 entstand in der Abgeschiedenheit seines Landhauses in Giverny, einem kleinen Ort nördlich von Paris, war er einen Garten noch japanischen Vorbildern hatte anlegen lassen, das Bild vom „Seerosenteich“ (Öl auf Leinwand). Teiche mit Seerosen standen bis zu seinem Tod 1926 im Mittelpunkt seines Schaffens. Die Besonderheit des Seerosen-Gemäldes ist die Aufhebung der Symmetrie in der Verteilung der Seerosen: Die dunklen Spiegelungen nehmen fast drei Viertel der rechten Seite ein, während die Spiegelungen des Himmellichts ganz nach links gerückt sind.
PETER PAUL RUBENS MALTE SEINEN SOHN NIKOLAS IM ALTER VON EINEM JAHR
In der beeindruckenden Kunstsammlung der Albertina, die laufend Sonderausstellungen zeigt, finden Besucher auch ein bemerkenswertes Bild des flämischen Malers Peter Paul Rubens, der um 1619 mit schwarzer Kreide und Rötel seinen Sohn Nikolas im Alter von ungefähr einem Jahr porträtierte. Rubens hat das Bildnis für den Kopf des Jesuskindes in dem Gemälde „Die Heilige Familie“ (heute in der Gemäldegalerie Kassel) verwendet.
DIE HALBFIGUR EINES APOSTELS VON LEONARDO DA VINCI
In einer weltberühmten Sammlung darf natürlich ein Werk von Leonardo da Vinci nicht fehlen. Die Halbfigur eines Apostels (Silberstift, Feder in Braun auf blau grundiertem Papier) entstand in den Jahren 1493 bis 1495. Der Apostel hat ein charaktervolles Gesicht und scheint in seiner Körperhaltung – sein Kopf weicht zurück, seine Hand rafft unsicher den Mantel, der erhobene Zeigefinger ist ein Zeichen des Zorns - auf ein momenthaftes Ereignis zu reagieren, nämlich die Prophezeiung von Christus beim Abendmahl, dass einer der Apostel ihn verraten werde.
EIN GROSSFORMATIGES WERK AUS DEM SÜDFRANZÖSISCHEN TOULON
Das großformatige Werk von Henri Lebasque mit dem Titel „Auf der grünen Bank“ entstand im südfranzösischen Sanary bei Toulon. Es handelt sich dabei um ein „paysage à figures“, also um eine mit Figuren bevölkerte Landschaft. Dargestellt ist die älteste Tochter des Künstlers Marthe Lebasque in einem weit geschnittenen Kimono, die entspannt auf einer grün gestrichenen Gartenbank sitzt und verträumt aus dem Bild blickt. Neben ihr liegen ein paar frisch gepflückte Blumen, ein Sonnenhut und ein Buch – alles Attribute eines ganz dem Müßiggang hingegebenen Lebens. Hinter der Bank erscheint ein zweites, einige Jahre jüngeres Mädchen, bei dem es sich wohl um die jüngste Tochter des Künstlers namens Nono handelt. Neben Henri Lebasque malten auch andere Künstler zu Beginn des 20. Jahrhunderts solche vom Sonnenlicht durchflutete und von jungen Mädchen bevölkerte Landschaften. Vor allem die Fauves, denen sich Lebasque eng verbunden fühlte, wählten ebenfalls diese Thematik.
SAMMLUNG BIETET EINEN ÜBERBLICK ÜBER 600 JAHRE KUNSTGESCHICHTE
Insgesamt gibt die Sammlung der Albertina einen reichen Überblick über 600 Jahre Kunstgeschichte. Die Meisterwerke der Albertina wie Dürers Feldhase können aufgrund ihrer Lichtempfindlichkeit nicht dauerhaft präsentiert werden. Sie werden unter Einhaltung strenger konservatorischer Bedingungen in Sonderausstellungen gezeigt.
KOMMENTAR:
Die Albertina besitzt nicht nur eine der größten und wertvollsten grafischen Sammlungen der Welt, sondern präsentiert mit ihrer Schausammlung "Monet bis Picasso" Meisterwerke der Klassischen Moderne. Als größtes habsburgisches Wohnpalais thront die Albertina an der Südspitze der Hofburg auf einer der letzten Reste der Basteimauern Wiens. Wo früher die Prunkräume der Habsburger waren, stellt die Albertina in ihrer Schausammlung die spannendsten Kunstrichtungen der vergangenen 130 Jahre aus: vom französischen Impressionismus über den deutschen Expressionismus zur russischen Avantgarde bis in die Gegenwart. Monets "Seerosenteich", Degas "Tänzerinnen" und Renoirs "Mädchenbildnis" sind ebenso zu bewundern wie Gemälde von Beckmann, Chagall, Picasso, Malewitsch, Warhol und Katz.
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