Juan Amador machte aus einem ehemaligen Heurigen-Lokal in Wien eine weltberühmte Drei-Sterne-Adresse. In seinem gleichnamigen Restaurant AMADOR stellt der deutsche Spitzenkoch mit spanischen Wurzeln neuerdings aber auch seine farbenprächtigen, großflächigen, mit Öl gemalten abstrakten Bilder aus.
Es war eine kleine Sensation, als im März 2019 die Redaktion des Guide Michelin Juan Amador mit der Höchstwertung auszeichnete. Das AMADOR in der Grinzinger Straße 86 im 19. Wiener Gemeindebezirk Döbling wurde somit zu Österreichs erster und bis heute einziger Drei-Sterne-Adresse. Für Küchenchef Juan Amador war es bereits die dritte Drei-Sterne-Auszeichnung seiner Kochkarriere: Acht Jahre in Folge verteidigte der Ausnahmekoch die begehrten drei Macarons in Deutschland für seine Restaurants in Langen und Mannheim, ehe er 2015 nach Wien übersiedelte.
„WIR STAMPFTEN DAS WIRTSHAUS EIN UND VERDREIFACHTEN DIE GRÖSSE DER KÜCHE“
Auf das außen fast unscheinbare Lokal in einem ehemaligen Weinkeller, das zuvor ein Heuriger war, stieß Juan Amador durch seine Freundschaft zu Winzer Fritz Wieninger. Auf weitere Auszeichnungen war er nicht aus, als er auf diesem Standort in seiner neuen Wahlheimat Wien 2016 das Restaurant eröffnete. Der heute 54-Jährige erinnert sich an das erste Jahr nach der Eröffnung: „Ich bin der Liebe wegen nach Wien gekommen und wollte es anfangs eigentlich ruhiger angehen lassen. Weniger Fokus auf Sterne, Hauben und Punkte – das klang verlockend. Anfangs haben wir sogar ein für uns neues Konzept aufgezogen – einerseits Wirtshausküche, andererseits Fine Dining“. Dann kam es doch anders als geplant: „Aber ich habe rasch gemerkt, dass ich nicht aus meiner Haut kann. Es hat einfach weniger Spaß gemacht. Als wir dann 2017 auf Anhieb zwei Sterne bekamen, haben wir uns wieder voll auf unsere ursprünglichen Stärken besonnen. Wir stampften das Wirtshaus ein und verdreifachten die Größe der Küche. Seitdem ist der Spaß am Kochen definitiv zurück.“
Der Spaß am Kochen zahlte sich aus. Persönlich wertvoll sei der dritte Stern für ihn vor allem deshalb, weil er ihn in seiner Passion nochmals bestätigt habe, sagte Juan Amador gegenüber PANGAEA. Dass ihm die Höchstbewertung, die Guide Michelin zu vergeben hat, auch einen Geschäftserfolg bescherte, erwähnte der Spitzenkoch nur nebenbei. Wer einen der zehn Tische in seinem Restaurant reservieren möchte, muss das drei bis vier Wochen vorher tun. Für die Qualität des Hauses sprechen nicht nur die frischen Waren, die hier zum Einsatz kommen, eine umfangreiche Kollektion des Prestige-Champagners, ein 1.200 Positionen umfassender Weinkeller, sondern vor allem sein 24 Mann starkes Team - für 45 Sitzplätze sind acht Kellner und 14 Köche zuständig.
JUAN AMADOR - SPANISCHES TEMPERAMENT TRIFFT AUF DEUTSCHE TUGENDEN
In Amadors Küche trifft spanisches Temperament auf deutsche Tugenden: Seine farbenfrohen Gerichte sind kraftvoll, intensiv, aromenstark. Geeiste Beurre Blanc, Mieral-Taube oder der „Laubfrosch“ mit Jakobsmuschel und Petersilie sind Klassiker seines Repertoires. Kein leises Vergnügen, sondern eine Küche, die volle Aufmerksamkeit fordert. Gleichsam besticht sie durch präzises Handwerk und geschmackliche Tiefe. „Ich will natürlich, was jeder Koch will: Dass die eigenen Gerichte im Gedächtnis der Gäste bleiben. Einen Geschmack und eine Ästhetik schaffen, die unverkennbar sind.“
Das Spiel mit Temperaturen, Texturen und Garzuständen gehört für den Deutschen katalanisch-andalusischer Herkunft immer dazu. Doch anders als zur Hochzeit der spanischen Avantgarde in den Nullerjahren, als Amador von Ferran Adria inspiriert zum deutschen Vertreter der damals gefragten Molekularküche avancierte und erstmals drei Michelin-Sterne erhielt, nutzt er aufwendige Küchentechniken nun subtiler: „Nicht die Technik, sondern ein Produkt von herausragender Qualität gibt den Ton und damit die beste Zubereitung vor. Je einfacher ein Gericht erscheint, desto aufwendiger ist diese meist. Nur ist die Technik im Gegensatz zu früher gut versteckt“, verrät der Drei-Sterne-Koch zur Entwicklung seiner Küche. Frei nach dem Motto „Du musst die Regeln beherrschen, um sie zu brechen“ fußt Amadors Ausbildung auf der klassisch-französischen Küche. „Ich habe Anfang der Neunziger bei Albert Bouley gelernt. Er hat mir die Augen geöffnet, war extrem kreativ. Davor war kochen normal“, verdeutlicht der Spitzenkoch, wenn er die wichtigste Station seiner Karriere beschreibt.
SPEISEN IM IMPOSANTEN ZIEGELSTEIN-KELLERGEWÖLBE
Gäste speisen in Österreichs einzigem Drei-Sterne-Restaurant im imposanten Ziegelstein-Kellergewölbe mit Blick in den Fasskeller des Weinguts Hajszan Neuman. Seit Herbst 2017 ist eine Showküche im ehemaligen Wirtshaus-Entree zusätzlicher Blickfang des Restaurants. Nicht nur das, denn in Wien entdeckte der kreative Koch ein weiteres kreatives Talent in sich: Das Malen. 150 Bilder umfassen bereits seine Werke, einige großflächige Bilder hängen im AMADOR, das so zu seiner ganz persönlichen Galerie wurde.
Immer wieder kommen nicht nur Gäste aus aller Welt zum Speisen in das Restaurant, sondern kaufen sozusagen beim Heimgehen gleich Bilder des Künstlers Amador mit. Malen sei für ihn ein Ausgleich für den Kopf, sagt der Koch. Andere in der Gastronomie würden Sport machen oder die Nacht mit einer guten Flasche Rotwein verbringen, beides nichts für ihn: „Ich setze mich in mein Atelier und male bis vier Uhr Früh“. Juan Amador vergleicht das Kochen und das Malen so: „Wenn du die Basics nicht beherrscht, kannst du auch keine Experimente wagen“. Einen wesentlichen Unterschied zum Kochen gäbe es aber schon, als Maler müsse man nicht perfekt sein, sagt der als Perfektionist bekannte Ausnahmekoch.
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